<font size="1" color="#cc3a1e">Beispiel: Uhrzeit anzeigen</font>

17. Feb. 2008

Le charme discret de la bourgeoisie

Narren mit Eselsmasken

Von Einfalts- und anderen Pinseln

Margarethe Harnischmacher

Da marschieren kurz hintereinander maskierte bewaffnete Ganoven in Schweizer Kunstinstitutionen und erbeuten Millionenwerte. Ein Ablauf, wie man ihn eher von Postämtern oder früher auch Banken und Wechselstuben her kennt. Diese Geldinstitute haben aus der Vergangenheit gelernt und sich hinter Panzerglas zurückgezogen. Die Kunst, heutzutage oft aus privater Hand stammend, der Allgemeinheit gestiftet, gibt dem Volk einen kleinen Teil jener Mehrwerte zurück, welche aus grossangelegten Raubzügen des Kapitalismus ihren Weg in die Banktresore gefunden haben. Dem Kunstwerk haftet dadurch zusehends der Makel des Beutegeruchs an. Wenn wir an den armen Schlucker Van Gogh denken, der wie viele seiner hungerleidenden Mitstreiter in Sachen Pinsel und Palette kaum mal ein Bild verkauft hat, wird die Diskrepanz zwischen Kunst und Kapital einmal mehr augenscheinlich. Die geraubten Bilder, landen sie im Gemach eines wahnsinnigen Sammlers, sind der Welt entzogen. Ihr Wert wird dadurch gleich Null. Wert ist immer nur Wert in der Relation zu etwas und allem voran zu anderen Werten in einem offenen System. Wert ist nur Wert im Markt. Wir sprechen hier den monetären Wert an, nicht den ideellen. Der ideelle Wert, der dem einsamen Sammler genügt, wenn er die Aura seiner Bilder leckt, sei es im tiefen Keller oder gar im Banktresor, ist ein kranker Wert. Er ist ebenso krank wie der, der ihn leckt. Besitz wird zu etwas, auf dem man sitzen kann und auf dem man sitzen bleibt.

Die Aura, die Benjamin dem Original zuschreibt, passiert im Hirn des Betrachters. Sitzt jemand vor einer Fälschung, welche als Original ausgewiesen wurde, so erlebt er den Schein der Benjamin-Aura. Diese Aura ist jedoch absolut identisch mit der des richtigen Originals. Bei Raubkunst im Tresor geht die Aura verloren, da im Hirn des Wahnsinnigen sich ein Aurabrei hervortut. Das Hirn des Wahnsinnigen macht aus der Bildaura etwas anderes. In die hehre Aura des Erhabenen mischt sich der Gestank der kriminellen Energie. Der arme Irre sitzt dann wie ein Sexualstraftäter vor seinem Opfer und findet nur in der Perversion seine Befriedigung. Bilder sind dazu da, sie mit Mitmenschen geniessen zu können. Da ist in der Tat das Museum oder die Kirche, aber auch das Wohnheim, in dem Freunde (so man denn welche hat) ein- und ausgehen, der richtige Ort. In unserem Schweizer Fall wissen wir indes noch nicht, ob es sich um eine Erpressung handelt, die Bilder also nur Mittel zum Zwecke wären. Wäre dem so, so befinden wir uns auf der trivialen Treppe des Bankraubs.

Lange Zeit war der englische Postraub das höchste aller Gefühle in Sachen Ganovenromantik. Inzwischen erhitzen die Protagonisten des Raubritterkapitalismus, die Manager, unsere Gemüter. Wenn wir dann noch vernehmen, dass diese Gilde noch Steuerhinterziehung im grossen Stil betreibt und dass die Bank von Lichtenstein, welche zu Mehrheiten dem Fürsten gehöre noch Anleitungen, Know-How’s aussondere, dann wird einem speiübel*. Unter uns gesagt, das ganze Pack mitsamt Eigentümer dieser kriminellen Vereinigung gehört doch hinter schwedische Gardinen. Was neu ist an der Chose? Ein Informant habe eine CD mit Namen von schwarzen Schafen für satte vier Millionen Euro der Steuerfahndung verkauft. Dies lohne sich alleweil, so das deutsche Finanzministerium, da man von dreistelligen Millionenbeträgen aus gehe, welche man einfordern könne. Wie in einem Film. Schwarze Schafe, das sind übrigens die Tiere, die diese SVP, diese Schweizer Volkspartei, ausschaffen will. Ganz einfach liebe Schweizer, Bankgeheimnis lüften, dann seit ihr die schnell los. Bankbeamte aller Völker vereinigt euch, ein CD Rohling kostet als Erstinvestition ein Pappenstil und vier Millionen, damit lässt sich reichlich spekulieren.

Wer am Ende im Knast landet, hat Zeit, sich das Malen anzueignen. Schlechter als die Bergbilder von Valentin Rorschacher, dem pinselnden Ex-Bundesstaatsanwalt der Schweiz, werden unsere Wirtschaftskapitäne und Fürsten auch nicht klecksen. Sollte ihnen der Pinsel nicht liegen, so empfehlen wir Origami, das Lieblingsspiel von ex Mafia-Banker Sindona oder war es Roberto Calvi? Will sich aber einer dieser Herren anschicken wirklich Kunst zu machen, dann empfehlen wir die Konzeptkunst. Wie die geht? Ganz einfach: Man stülpe sich eine Eselsmaske über den Kopf und unterzeichne einen gedeckten Scheck über eine Milliarde Euro, ausgestellt an die staatliche Invalidenversicherung. Warum? Weil Kunst immer das ganz andere ist.

* Steuerhinterziehung, Fall Klaus Zumwinkel