East of eden - No Human Involved
A. C. Sauerberg
1957 fand am 19. September im National Theater in Washington die Uraufführung von Leonard Bernsteins Musical West Side Story statt, einer modernen Version von Romeo und Julia. Die Liebesgeschichte spielt sich dabei vor dem Hintergrund eines Bandenkriegs rivalisierender ethnischer Jugendbanden ab: der amerikanischen Jets und der puertorikanischen Sharks. Satte 50 Jahre sind es seit da und lesen wir uns durch die Analen der heutigen Jugendbanden in den USA, so sitzt die Maria, diesmal aus El Salvador, am Strassenrand, wird von zwei Jugendlichen in ein Auto gezerrt, irgendwohin gekarrt, dort von einer ganzen Bande vergewaltigt, dann erschossen und irgendwo liegengelassen. Die Juristen in den USA nennen solche Leute NHI No Human Involved.
Die Bezeichnung NHI ist höchstens die definitive Legitimation für die Gewaltorgien dieser Jugend ohne Zukunft. Sie werden damit endgültig ausgeschlossen und für vogelfrei erklärt. Wer nicht auf der Strasse erschossen wird, landet in einem der vielen Privatgefängnisse der amerikanischen Gefängnisindustrie oder wird abgeschoben in sein Herkunftsland. Diese Länder sind jedoch noch weniger imstande mit solchen Jugendlichen umzugehen und die Spirale der Gewalt dreht sich weiter nach oben.
Europäische Migrationspolitik ist auf ähnlichem Wege. Auf der einen Seite ist es verständlich, dass viele Ausländer den Weg des geringsten Widerstandes gehen und unter sich bleiben wollen, so die Sprache des Gastlandes aber nicht erlernen, auf der anderen Seite weht ihnen von Seiten des Gastlandes alles andere als der Wind der Gastfreundschaft entgegen. Was folgt ist die Gettoisierung, die endgültige Ausgrenzung. Ausgrenzung heisst auch Absprache des Menschseins, Mensch zweiter- oder gar keiner Klasse, heisst letztlich No Human Involved.
Im Grunde ist es eine Binsenwahrheit, das man seinen Geburtsort in dieser Welt nicht selber auswählen kann. Oft hat man aber das Gefühl, dass untergründig so etwas mitschwingt wie ein naiver zweckorientierter Glaube an einen allmächtigen Schöpfer, der uns diese Suppe ganz nach dem Motto, die guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen, eingelöffelt hat. Das Dogma der christlichen Nächstenliebe steht da diametral im Weg und muss dauernd in ein Aquarell der Nächstenliebe verwässert werden. Auf der Seite der zu kurz gekommenen treffen wir auf die Fratze eines ebenso gestörten Gottesbildes. Der eine Gott legitimiert zur Ausgrenzung, der anderen zur Gewalt gegen die Ausgrenzenden. Auf dem Buckel solch kriminalisierter Gottesbilder finden dann die Kriege auf den Strassen unserer Städte statt.
Der im 20. Jahrhundert wieder erwachte Islamismus kritisierte die als "dekadent" verachtete Monarchie, die von Großbritannien in Ägypten installiert worden war, sowie den Werteverfall als Konsequenz des kulturellen Niedergangs da selbst.
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Der Genfer Islamwissenschafter Tariq Ramadan und Vordenker des sogenannten Euroislam, sagt z.B.
„Die westliche Lebensweise stützt sich auf und erhält sich durch die Verführung zur Aufstachelung der natürlichsten und primitivsten Instinkte des Menschen: sozialer Erfolg, Wille zur Macht, Drang zur Freiheit, Liebe zum Besitz, sexuelles Bedürfnis usw.“
Der Islam und der Westen. S. 319
Dieser Satz könnte mit einer etwas modifizierten Einleitung auch aus der Feder eines Papstes oder der eines Evangelisten stammen. Vielleicht würde er an Stelle von “die westliche“, die moderne Lebensweise wählen. Das alte Testament leuchtet noch heute bei allen drei monotheistischen Religionen in den Alltag fundamentalistischer Eiferer hinein. Auch wenn nicht alle zur Steinigung der ungetreuen Ehefrauen aufrufen, eines ist sicher, diese Fratzen tragen männliche Züge. Man fragt sich natürlich schon, wie man bei so viel Kritik an Besitz und Sexualität dann auf die Idee kommt, einem Dschihad-Krieger 50 Jungfrauen ins Jenseits zu versprechen, als ob der Garten Eden daselbst ein Puff für wildgewordene Mordbuben sei, und der weibliche Mensch so etwas wie eine Kriegstrophäe.
Wer mit Flugzeugen Hochhäuser zu Schutt und Asche bombt, ist wohl nicht nur nach amerikanischer Sicht ein NHI. Doch auch dies ist ein fataler Irrtum. Die Vielfalt menschlicher Verirrungen ist eben zu tiefst humanen Ursprungs. Weder kann man die diesseits verpönte Sexualität in ein Jungfrauenjenseits verbannen, noch kann man alles was einem nicht in den Kram passt ins Kröpfchen schmeissen.
Leider hat die Aufklärung doppelt versagt. Sie hat es nicht geschafft, die aberwitzigen Geschichten des alten Testamentes zu tilgen. Sie schafft aber oft auch nicht die nötige Distanz zu Technologien, die mit grossen Risiken behaftet sind. Wenn gar der Philosoph Habermas den Kirchen zugesteht, sie seien notwendig um dem Treiben der Wissenschaftler (global) eine kritische Position z.B. in Sachen Gentechnologie gegenüber zu halten, dann hat die Aufklärung ihren Auftrag an den Mythos verhökert. Ob sich insbesondere die katholische Kirche als Stadthalterin humanistischer Traditionen eignet, ist Angesichts des "Kondomgenozids" höchst fragwürdig. Jeder Tag der vergeht, ohne dass der Papst seine unselige Position korrigiert und weiter unschuldige Frauen und Kinder mit Aids angesteckt werden, ist ein Tag zu viel. Dies ist weit mehr, als nur unterlassene Hilfeleistung. Da dieses Elend im Namen Gottes über Unschuldige verbreitet wird, müsste man hier erst recht von NHI sprechen. Aber was für Selbstmordattentäter, Vergewaltiger und mordende Jugendgangs gilt, gilt auch für den Papst, Mord ist Mord, Gott hin oder her und bewusste tägliche Unterlassung von Hilfeleistung ist Mord. Human Involved. Ratzinger Involved! RI
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