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27.08.2013

Die Mafia Staat beutet Suchtkranke aus

Rauchen soll in der Schweiz bis zu 11 Franken pro Paket kosten, auch in Sehnah denkt man über Verteuerung nach

A.C. Sauerberg

Dass Rauchen schädlich ist wissen wir. Dass alles getan werden sollte, damit Jugendliche nicht anfangen mit dem Übel, scheint auch fast allen plausibel, es sei denn man verdient daran oder ist selber ignoranter Raucher.

Nur über die möglichen medizinischen Folgeschäden zu sprechen ist aber eine politische Verschleierung folgender Tatsachen: Wer einmal ein Jahrzehnt sein Paket im Tag geraucht hat - und oft ist es dann mehr bei "echten" Rauchern - der ist ein Suchtkranker. Ich schreibe nicht als Wissenschaftler, ich schreibe als trockener Raucher, dem es, als ihm am Ende die Bronchien blank lagen, gelungen ist, nach drei ekelhaften Versuchen endlich auszusteigen. Damals, als ich in einer meiner Entzugsphasen war, sprach ich mit einem Betreuer von Heroinpatienten. Er behauptete, ein starker Nikotinentzug komme an den Heroinentzug heran, wenn auch mit etwas anderem Verlauf. Diese Aussage schien mir übertrieben, aber immerhin wusste der Mann etwas mehr über Süchte als die Durchnittsschwätzer, die sich als Experten aufspielen.

Nun gibt es haufenweise Studien, die das Rauchen wohl mit Recht in Misskredit bringen. Es gibt aber meines Erachtens keine Studien darüber, was aus denen wird, die wie ich dem Übel den Rücken zugewandt haben. Ich war erwiesenermassen schlank und wer u.a. schlank ist gilt in unserer Gesellschaft als attraktiv. Das Schlanksein war relativ schnell Geschichte. Beim ersten Mal zehn Kilo, beim zweiten mehr und heute lege ich meine 102 Kilo, bei einer Grösse von 176cm, auf die Waage.

Als Raucher haben mich die Ärzte kaum gesehen, es sei denn als Rückenpatient.

Als Nichtraucher begann meine Besuchsfrequenz rapide anzusteigen. Zu hoher Blutdruck, kein Wunder bei dem Übergewicht. Übersäuerter Magen, Sodbrennen und zunehmend Allergien. Dank dem Übergewicht sind die Knie geschwächt und ich weiss nie wann eines aussteigt. Die Schultern schmerzen beidseitig, eine Folge des Übergewichts, welches so den gesunden Schlaf beeinträchtigt und zusätzlich Apnoe Attacken verursacht, was zur Folge hat, dass ich mit einer Atemmaske am Apparat schlafen muss, welcher die Lungenliga berappt.

Das alles verursacht Konzentrationsschwächen und kleinere Depressionen. Auf deutsch gesprochen, ich habe zwar saubere Lungen, dafür ist fast alles andere Scheisse geworden. Mein Hausarzt sagt: „Immer noch besser als Rauchen!“

Das alles ist mein Los und spricht mitnichten für das Rauchen, im Gegenteil. Ich kenne aber Leute, die - und ich betone es absichtlich - suchtkrank sind, die haben den schieren Horror davor noch mehr Gewicht anzusetzen, da sie schon als Raucher gegen das Übergewicht ankämpfen. Die Gewichtszunahme war eine Sache, die andere betraf meine Garderobe. Die Kleiderindustrie hat's gefreut, mir passten gerade noch die Schuhe.

Wer poltert gegen das Rauchen? Nichtraucher. So wie Kinderlose sich oft als Experten in Erziehungsfragen aufspielen, schwatzen in dieser Angelegenheit die Nichtraucher vorne mit.

Noch eine Geschichte muss ich loswerden. Mein Vater ist im Altersheim. Er ist sehr, sehr vergesslich geworden. Er rauchte zeitlebens sein Päckli pro Tag. Das hat er nicht mehr im Griff, er würde wie Helmut Schmidt eine nach der anderen rauchen, hätte er genug davon. Nun erhält er morgens 10 Stück und nachmittags 10. Er zählt den ganzen Tag seine Zigaretten, zeitweilig die einzige Beschäftigung, da am Aktivierungspersonal gespart wird. Die Zigaretten sind zu seinem Lebensinhalt geworden. Oft werde er, der ein sehr ruhiger liebenswürdiger Mensch war und es noch ist, aggressiv und ungerecht den Betreuern gegenüber, bezüglich der Abgabe seines Kontingents. Er kann also nicht mehr selber bestimmen. Die Ironie der Geschichte ist, zum Glück war er Sozialdemokrat und nicht Liberaler, so müsste ihm doch diese Regulierung politisch einleuchten. Es leuchtet ihm nichts dergleichen mehr ein. Was ich damit sagen will: Nie möchte ich selber als dementer Raucher eines Tages in unserer im Grunde inhumanen Altersindustrie untergehen. Nichts gegen all die Leute, die hier mehr als ihr Bestes geben, aber das Problem unserer Senioren hat diese Gesellschaft schlicht nicht gelöst und das ist ein Armutszeugnis, welches auf einem anderen Blatt steht.

Einem AHV Rentner, der sein Leben lange gearbeitet und geraucht hat (also mehr in die AHV einbezahlt hat als ein Nichtraucher) nun 330 Franken pro Monat aus der Tasche zu ziehen, kann nicht im Sinne z.B. einer Sozialdemokratie sein, die noch bei Trost ist. Nun viele werden so wohl das Geld, das sie als Raucher der AHV haben zukommen lassen, via Ergänzungsleistungen wieder abholen.

Was mich selber angeht, sagt meine Frau: "Seit du nicht mehr rauchst, bist du ein anderer geworden, du bist oft hässig, ungerecht und vergreifst dich im Ton". All die Fehlhandlungen, die nach den Entzügen an der Tagesordnung waren, haben sich verflüchtigt. Ich bin froh, dass ich nicht den Glimmstängeln nachrennen muss. In schlimmen Momenten, wo keine mehr zur Hand waren, hat man die Kippen aus der Mülltonne geholt wie ein Alki der den Glascontainer durchwühlt. Wer nicht einfach aufhören kann ist suchtkrank und das sind die meisten Raucher.

Zuweilen stört auch mich der Rauch anderer, doch meine Kleider stinken nicht mehr wie früher und die Wände bleiben länger weiss.

All die Gesundbeter und Jogger unserer Wohlfühlgesellschaft nerven mit ihrer Überheblichkeit. In letzter Zeit habe ich mit Leuten über Sport gesprochen. Über all die Risikosportarten, darunter auch Motorradfahren usw. Alle habe sie ihre Passionen verteidigt, obschon die Statistiken ein verheerendes Bild abgeben was die Unfallkosten betreffen. Einige haben sich sogar zu einem Suchtverhalten bekannt. Man wolle seine Grenzen kennenlernen, immer höher hinaus und immer schneller usw. Aber eben, Sport wird vom Staat gefördert, die Körperertüchtigung ist traditionell im Bereich des Militärischen beheimatet. All diese Freizeitverstümmelung wird staatlich gefördert und hochgejubelt. Sport ist längst ein neoliberaler Industriezweig geworden, der sich aus der Körperkultideologie (Leni Riefenstahl lässt grüssen) nährt. Ginge es nach mir, so müssten Spitzensportler anstelle von Firmenlogos Fotos von Sportverlertzungen auf Brust und Rücken tragen, analog den Horrorfotos auf den Zigarettenpaketen, als ausgleichende Gerechtigkeit.

Stichwort Passivrauchen. Ich verstehe, dass man heute Raucher separiert. Andere kommen zu Schaden. Dass aber andere ihr Leben für die Freizeitverstümmelung der Wagemutigen auf's Spiel setzen müssen, ich erinnere an den Helikopterabsturz im Diemtigtal, ist ebenso ein Skandalon und unnötig!

Raucher indes werden vom Staat hemmungslos abgezockt. Ich verlange ja nicht eine Lösung analog der Heroinabgabe auf Staatskosten. Eine Preispolitik in Sachen Zigaretten, wie sie in den meisten Staaten betrieben wird, ist schlicht asozial und mafiös. Hier werden Suchtkranke auf das Bitterste ausgebeutet und es trifft wieder einmal die sozial schwächeren Schichten. Mit anderen Worten, das Sozialgeld geht oft via Rauchen an den Staat zurück und die Beschaffungskriminalität wird über kurz oder lang ein neues Gesicht bekommen. Nicht mehr lange und die Kioskfrau sitzt hinter einem Schalter wie wir ihn in den Banken antreffen.

Wenn es zu spät ist, ist Rauchen leider keine Frage der Selbstbestimmung mehr. So etwas können nur Leute in die Welt setzen, die nicht wissen von was hier die Rede ist. Es sind dann letztlich dieselben, die sich noch aufmachen die Übergewichtigen ebenfalls zu diskriminieren. Dass man mit dem Rauchen anfangen hat, ist eine Dummheit, das wird den meisten Rauchern eines Tages bewusst. Leider ist es dann, wie schon gesagt, zu spät.

Schlaflosigkeit, Burnout etc. etc., die hausgemachten Krankheiten einer Markt- und Leistungsgesellschaft, sind heute an der Tagesordnung und werden in Kauf genommen, ohne dass das Übel bei der Wurzel angepackt wird. Im Gegenteil, die "zu Schwachen" werden ebenfalls politisch diskriminiert und insbesondere von gewissen Kreisen als Drückeberger und Simulanten abgestempelt.

Perfid ausgeklügelte Psychostrategie - sprich Werbung - wird täglich über den (und nun brauche ich absichtlich ein Wort aus dem Wörterbuch der Nazis) Volkskörper ausgegossen. Dieser Verblendungsmechanismus ist der Motor für Wachstum, gepaart mit der notwendigen Volksverdummung. Aber dem nicht genug, die öffentlichen wie die privaten Leitmedien, allen voran das Fernsehen, geben vor wie die Welt in Glanz und Gloria zu sein hat. Die Liberalisierung des Marktes hat uns viel billigen Ramsch beschert, der dem kleinen Mann, oder noch besser der kleinen Frau von der Strasse, ein oberflächliches Glück versprechen. Der Raucher der Gegenwart ist eine handysüchtige, überall verfügbare Kommunikationswitzfigur, welche anstelle der coolen Zigarette, wie sie noch Humphrey Bogard präsentierte, das Smartphone in ihren lackierten künstlichen Krallen hält.

Wenn Marx früher vom Mehrwert gesprochen hat, müssen wir heute vom Hypermehrwert sprechen. Nur so ist der Abfluss von dringend benötigten Steuergeldern in die Kassen der Superreichen zu verstehen. Wie K.C. Broom treffend schrieb: "Das Ganze ist das Dumme".