Präsident Bolar pfeift Regierung zurück.
Es könne nicht die Aufgabe des Staates sein, die Arbeitslosigkeit noch anzukurbeln. Man hätte in den letzten Jahren den Betrieben und Konzernen feudale Bedingungen geschaffen, die Folge sei aber primär die gewesen, dass die Gehälter der Manager und der oberen Kader angehoben worden seien und Entlassungswelle habe sich an Entlassungswelle gereiht. Dass der Staat in dieser Hinsicht gar mit dem schlechten Beispiel vorangehen wolle, toleriere er nicht. Die Aufgabe der Regierung sei es Arbeitsplätze zu schaffen und nicht die bestehenden noch zu vernichten. Die Gesundschrumpferei kippe ganz schnell in eine Krankschrumpferei über. Anzeichen seien schon an den erheblich ansteigenden Invalidenzahlen zu registrieren. Parallel nun auch noch die Sozialeinrichtungen abzubauen, führe zum sozialen Supergau. Brennende Autos, Radikalisierung der Jugend und Studenten, all das sei nicht in seinem Sinne.
Unterstützung erhielt Bolar erstaunlicherweise aus dem Lager der Unternehmer. Der Präsident des Verbandes der metallverarbeitenden Branchen, sprach sich gegen die überrissenen Gehälter auf den Chefetagen aus. Die Kollegen hätten kein Mass mehr und gefährdeten so den sozialen Frieden. “Wenn wir nicht wollen, dass die Menschen auf die Strasse gehen, müssen die Manager ihren Beitrag leisten und sich zurücknehmen.“
Zusammenkunft im Volkssaal Berena, der Logistiker sitzt neben dem wissenschaftlichen Mitarbeiter und die Aufräumerin neben der Sekretärin. Anlass ist die Protestversammlung gegen das unzumutbare Abbauprogramm der Staatsstellen. Erstmals versammelte sich das Staatspersonal in dieser Form und kämpfte für den Erhalt seiner Stellen. Ausser dem Kaderverband beteiligten sich alle Gewerkschaften des Staatspersonals dies ist ein Novum.
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Der Abbau führt zu Entlassungen
Dass eine solche Aktion erstmals stattfinden konnte, zeigt dass der zunehmende Spardruck auf dem Personal lastet und der Unmut gegenüber der Abbaupolitik der Regierung wächst. Denn trotz der Ablehnung des Steuerpakets am 16. Mai des vergangenen Jahres hält der Premier an seinem rigorosen Sparkurs fest und plant Sparmassnahmen in Milliardenhöhe. Der Staat wird mit dem geplanten Abbau von über 3500 Stellen (jede 7. Stelle) bis 2011 zum grössten Arbeitsplatzvernichter der Republik. Zwar ist unbestritten, dass die Arbeitsreform in der Verwaltung ohne Stellenabbau nicht umgesetzt werden kann, jedoch haben alle Betroffenen Anrecht auf eine sozialverträgliche Lösung. Dies ist aber nicht der Fall, erste Entlassungen wurden bereits ausgesprochen. In den vielen Fällen handelt es sich bei den Entlassenen um Leute mit einem Monopolberuf, die auf dem Arbeitsmarkt schlechte Chancen haben. Im Hinblick auf das Sparpaket von 0,8 Milliarden hat Premier Leander von jedem Ministerium einen Aufgabenverzicht verlangt. Die vernünftig tönende Verzichtsplanung ist entweder reichlich naiv oder Schlaumeierei. Denn wenn bereits feststeht, dass bis 2011 zustätzlich 1500 Stellen abgebaut werden müssen, dann werden die Stellen dort abgebaut, wo es sich durch Fluktuation, Pensionierungen oder Arbeitskonflikte am einfachsten ergibt. Dies zeigen erste Erfahrungen deutlich: unliebsame Mitarbeitende werden zu Sparopfern und schwelende Konflikte werden nicht gelöst sondern entsorgt. Über einen Verzicht von Aufgaben wird kaum transparent entschieden. Die Gewerkschaften haben darum vom Premier mehr personalpolitische Kontrolle und Führung verlangt.
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