<font size="1" color="#cc3a1e">Beispiel: Uhrzeit anzeigen</font>

Wunder der Technik

Wunder der Schöpfung
Eigentlich wollte ich gar nicht über Ameisen sprechen!

Leitartikel von A. C. Sauerberg

Kürzlich beobachtete ich auf einem Ameisenhaufen, wie zwei grosse Waldameisen sich mit ihren Klammern in eine Raupe verbissen hatten. Die Raupe hatte keine Chance mehr und es erstaunte mich, dass die anderen Ameisen nicht mit anpackten. Offensichtlich wollten die zwei das 10 mal längere Tier in den Bau schleppen, wo es als Nahrung herzuhalten hatte. Die Raupe bog sich rechtwinklig durch, um sich in der Folge wieder gerade spicken zu lassen, hoffend, die Peiniger mögen loslassen. Keine Chance, ein endloses Ringen um Leben und Tod. Ich fragte mich, ob die Raupe Schmerz empfinde, ob sie wohl schreie, ganz leise, ausserhalb des menschlichen Hörbereichs und doch markdurchdringend? Ob ich sie erlösen sollte aus den Fängen der Peiniger? Eingriff in die Nahrungskette der Natur? - Nein - Ich entfernte mich mit einem unguten Gefühl. Perfekt, diese Schöpfung dachte ich, einfach perfekt, einfach die beste aller Welten. Natürlich empfinden Lebewesen Schmerz. Diese systemimmanente Eigenschaft hilft den Arten beim Überleben. Angst, Schmerz, alles nur Funktionen, die uns zur Wachsamkeit auffordern. Nicht für uns selbst, oh nein, wir selber spielen da nur eine nebensächliche Rolle, Die Art ist es, um die es geht und mit Verlusten ist zu rechnen, ja die sind eingebaut im Gesamtsystem. Kein Wunder, dass der Mensch, der mit etwas mehr Hirn ausgestattet wurde als die Raupe, dieses primär nutzt, um sich gegen das Prinzip Fressen und Gefressenwerden zu immunisieren. Er hat kurzerhand die reale Fiktion Gott geschaffen. Diesen hat er sich nach seinem Ebenbild oder besser nach dem des Dorfältesten geschaffen. Falsch, zuvor hat er es noch mit der grossen Mutter probiert. Das Mysterium der Reproduktion, dieser unerklärliche Vorgang, der nur dem Weibchen anhaftet, nämlich Kinder zu gebären. Kinder, die in ihr und nicht in ihm heranwuchsen, das sprach logischerweise dafür, dass die Welt aus einem Weibchen entstanden sein musste. So huldigte man denn fortan zuerst der Göttin, dann erst dem Gott und war etwas besonderes in der Natur und alles andere war uns Untertan.

Eigentlich wollte ich gar nicht über Raupen, Ameisen und Götter sprechen sondern über die vergewaltigten Frauen von Srebrenica.

Kriege sind wahrscheinlich eine Art Überbleibsel von Revierkampfgehabe. Notwendig zur Arterhaltung sind sie kaum, soziodarwinistische Konzepte dürften eher antiquiert sein. Aber sie kommen vor, wie wir wissen. Im Grunde ist es nicht mehr das Individuum, das sich bewaffnet, es ist der Staat, ein Überding oder eine Überwurst wie der Sehnaher Künstler HUS sagen würde. Die Art, der Staat und die Götter haben etwas gemeinsam: Sie sind Überwürste! Meist haben sie unter uns Menschen Stellvertreter, die für sie das Geschick in die Hand nehmen. Geistliche wie weltliche Führer führen uns wie Leithammel über die Klippe in den Abgrund und ich frage mich, was hat das mit der Nahrungskette zu tun? Sind es die Würmer, die auf diese Art Massengräber und Soldatenfriedhöfe anlegen? Ist es Gott, der mit den Würmern ist? Vielleicht haben die Würmer keine Ohren und hören unsere Schreie nicht. Vielleicht hat auch Gott keine Ohren, da er vielleicht den Würmern gleich ist? Oder hat jemand von Ihnen meine Damen und Herren schon einmal Gott gesehen? Wir sehen doch nur sein Werk. Aber eigentlich wollte ich über die vergewaltigten Frauen von Srebrenica und ihre unehelichen Kinder sprechen.

Der bewaffnete Staat. “Grieche sucht Griechin“, ein Roman des Schweizers Dürrenmatt, lesenswert. Schwerter zu Pflugscharen, ein Motto für Träumer. Ein B2 Tarnkappenbomber, ein Uboot, eine Langstreckenrakete, Krieg der Sterne usw. Sie haben keine Ahnung von echten Umsätzen, Absätzen und Bilanzen, meine Damen und Herren. Der Unterschied vom Ertrag aus einem Pflug zu dem einer Langstreckenrakete ist direkt proportional dem Krater, den die Wasserstoffbombe aushebt, zur Furche die der Pflug gräbt. Das sind nun mal Welten. Der satte Mensch, dessen Nahrungskette automatisch bedient wird, der wird arm an Seele und hungert nach Reichtum, weil man ihm gesagt hat, mit Geld kannst du alles kaufen. Milliardengewinne aus dem Waffengeschäft lassen sich problemlos in Kunstsammlungen verwandeln. So ist das Geld reingewaschen, hat Seele bekommen. Kunst ist für das Leben danach. Kunst ist für die Nachwelt gedacht. Und Nachwelten am Fliessband lassen sich nun mal am einfachsten durch Kriege erzeugen.

Im Ameisenhaufen habe ich keine Kunst angetroffen, ergo ist der Mensch kein Tier. Dies wird der Adoptivvater des bosnischen Jungen diesem beizubringen versuchen. Deine Mutter wurde von Serben vergewaltigt und du bist daraus entstanden. Sie hat nach deiner Geburt das Spital fluchtartig verlassen und wurde nie mehr gesehen. Im Lager gab es Massenvergewaltigungen. Mütter wurden vor ihren kleinen und grösseren Kindern vergewaltigt. Gott, dein Ebenbild ist in der Lage in so einer Situation eine Erektion zu erhalten. Oder kann man sagen, an jedem Gehirn hängt halt ein Rest Natur und das ist nun mal der Schwanz und nicht der ganze Mensch? Die Bestien werden nicht ausgeliefert nach Den Haag. Am Sarge von Milosevich wird geschluchzt und gejammert. Eichmann sitzt im Himmel und wartet auf uns, um uns mit Gott zusammen eine Vorlesung über die Banalität des Bösen zu halten. Nein mein Gott, dein Ebenbild Adam ist eine Fehlkonstruktion. An seinem Schwanze hängt ein Hirnlein das meint! Mein Gott, hörst du unsere Schreie nicht? Sind wir Raupen für dich?