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02.04.2018

Zivilisationsmüll trifft auf natürliche Materialien

Eine kleine Geschichte über die Knete, den poetischen Abfall und die Fischline

von Anna Felizitas Grazi


Wer einsteigt in das Thema Plastikmüll im Meer, dem wird nach kurzer Zeit ganz einfach schlecht. Es gibt genügend Seiten im Internet die dieses Thema abhandeln, deshalb möchte ich hier eine etwas andere Geschichte erzählen.

Zwischen dem. 30. April und dem 5. Juni 1983, stellte die Kunsthalle Bern den damals 34 Jahre jungen englischen Künstler Tony Cragg aus. Eine Ausstellung, die ich irgendwie im Herzen trage, wie man so schön sagt. Die poetischen Wandbilder aus Platikabfällen hatten eine hohe einprägende Wirkung, die man nicht mehr so einfach vergas. Man konnte im „Beipackzettel“ der Ausstellung mitbekommen, dass der Künstler an den Stränden das Material einsammelt und dann im Atelier zu diesen Wandmosaiken zusammensetzt. Das hatte etwas Rührendes, Harmloses an sich. Gut ein wenig weniger harmlos, als das Sammeln von Muscheln und Meeresschnecken, aber immerhin, man hatte eine Vorstellung davon. Zudem wen störte es, wenn da an den Stränden ein wenig Müll fehlte, im Gegenteil. Gut, man kann davon ausgehen, ein wenig Rosinenpickerei hat Cragg schon betrieben, alles hat er sicher nicht mitgenommen. Ich erinnere mich auch nicht sonderlich, dass er auf die Umwelt hingewiesen hat und wenn, ist mir das entgangen. Heute lesen wir in Wikipedia:

Seine Bekanntschaft mit dem Konzeptkünstler Richard Long beeinflusste sein Schaffen in dieser Periode. Auf seinen „Erkundungsreisen“ durch die freie Natur und auf Deponien sammelte Tony Cragg Gegenstände, die ihm als Material und als Anregung für neue Arbeiten dienten: „Zivilisationsmüll trifft auf natürliche Materialien“.

Ja Richard Long der andere Engländer, bei dem Steine noch aus Stein sind, das waren noch Zeiten. Aber eben, im Kopf blieb mir die Malerpalette und der „blue soldier“ aber insbesondere die „natürliche“ Gewalt der Farben. Da kommt mir unweigerlich wieder die Geschichte mit den Baströcken in den Sinn, herrlich diese mit Naturfarben eingefärbten Baströcke mit denen die afrikanischen Tänzer und Tänzerinnen ausgestattet waren. Eine Touristin beklagt: Schade, dass die heute ihre Baströcke an gewissen Orten aus Plastiksäcken von Kaufhäusern herstellen. Fragt man die Tänzer warum, erhält man die Antwort: Weil Naturfarben nie so schön farbig sind wie die auf den Säcken. – So und nun kommen natürlich wir und sagen ihnen was Sache ist, so einfach ist das. Eingeborene waren schon immer Ignoranten oder was? Oder wie?

Zivilisationsmüll trifft auf natürliche Materialien. Schön gesagt, besser kann man das nicht sagen. Nun will ich aber noch eine andere Geschichte erzählen.

Als Kinder spielten wir in den 50er Jahren gern mit der Knetmasse Plastilin. Roch zwar ein wenig streng, aber daran gewöhnte man sich. Erfunden wurde das Plastilin 1880 vom Münchner Apotheker Franz Kolb, damals noch unter der Bezeichnung „Kunst-Modellierton“. Ich erinnere mich daran, dass dieses Spielzeug eine Lebensdauer hatte. Man erhielt es in farbigen monochromen Stangen wie heute immer noch.

Man knetete Tiere, Menschen, Blumen, Autos was weiss ich. Man knetete farbige, ja mehrfarbige Gegenstände. - Bei Lego ist es so, wenn man das Gesteck satt hatte, dann wurden je nach Strukturiertheit des Kindes die Bausteine entweder zurücksortiert oder in eine Büchse abgefüllt. Bei mir war Letzteres Fall. Ich grabschte dann beim Neuanfang immer die Bauteile aus einem Haufen heraus, was das berühmte Legograbschgeräusch zur Folge hatte. Die Mutter hörte dann in der abgetrennten Mietskasernenküche das Kind grabschen und wenn es plötzlich ruhig wurde, war ein Kontrollblick angesagt.

Zurück zur Lebensdauer von Plastilin. Nun Plastilin hat die unangenehme Eigenschaft, dass es sich schlecht zurücksortieren lässt. Mit anderen Worten das Zeug klebt dann je nach Verarbeitung zusammen. Man hat dann immer mehr eine Melangeknete. Je länger man mit dem Zeug spielte umso grauer wurde es. Das Endstadium war die berühmte dunkelgraue Masse.

Diese wiederum habe ich beim älteren Tony Cragg gefunden, der längst nicht mehr hinter dem Zivilisationsmüll her tigert. Ja die Zeiten ändern sich.



Apropos Kunst und Plastilin. Zwei Luzerner haben das Material auch für sich entdeckt. Zu zweit spielte sich immer schon besser, welches Einzelkind weiss das nicht. Lipp und Leuthold schwimmen wie Fischli Weiss in der Kunstszene herum und bearbeiten mit dem Vorschlaghammer im grossen Stil die Kinderknete.



Und erst Bram Bogart, der hat schon viel früher sogar die Farbe in Knete verwandelt. Die Künstler sind halt wie die Kinder oder etwa nicht?


Man kann ja nicht sein ganzes Leben an diese Schauergeschichten in den Weltmeeren verplempern, dafür ist doch das Leben zu kurz oder etwa nicht?

Nur die blöden Fische sehen das wohl anders als die Fischline…